Claudio Zuccolini ist Comedian und Moderator und seit vielen Jahren im Fernsehen sowie auf der Showbühne erfolgreich. Seit März 2024 moderiert er für das Schweizer Fernsehen SRF eine Samstagabendsendung. Christa Rigozzi hat den Genussmenschen und leidenschaftlichen Koch im Zürcher Lindenhofkeller getroffen.
Claudio, du bist immer so aufgestellt und fröhlich. Auch am Morgen früh?
Ich finde den Morgen wunderschön. In der Regel stehe ich gegen sieben Uhr auf; heute war ich sogar schon um halb sechs auf den Beinen. Man kann so viel erledigen, wenn die anderen noch schlafen und einen niemand stört.
Deine Karriere hat im März mit der SRF-Show «Wie tickt die Schweiz?» einen Höhepunkt erreicht. Eine halbe Million Zuschauer hat dich als Moderator gesehen.
Als ich die Quote von 37 Prozent gehört habe, war ich perplex. Ich habe mich unheimlich gefreut, vor allem auch für das Team, das mit dieser Samstagabendkiste nicht wenig riskiert hat. Vor allem mit mir als Moderator (lacht).
Weshalb hat dieses Format auf Anhieb so eingeschlagen?
Ich befrage 100 Schweizerinnen und Schweizer zu ihren Gewohnheiten im Alltag. Da kann die ganze Familie mitraten. Dabei kommt wieder jene Lagerfeuerstimmung auf, die zu Zeiten von «Teleboy» und «Wetten dass» den Samstagabend vor dem TV-Gerät prägte.
Hast du immer schon von einer Samstagabendshow geträumt?
Ins Fernsehgeschäft reingerutscht bin ich 1998 nach ein paar Jahren am Radiomikrofon beim damaligen Tele24. Danach moderierte ich eine Sendung beim Schweizer Fernsehen SRF, und als diese abgesetzt wurde, hätte ich tatsächlich viel gegeben für das Angebot einer Primetimesendung. Um so schöner, dass es nun mit Verzögerung sogar eine am Samstagabend geworden ist.
Apropos ticken: Wie tickst eigentlich du?
Ich bin ziemlich normal und werde mit dem Alter immer normaler. Für meinen Beruf bin ich eigentlich nicht extrovertiert genug. Unter allen Befragten von «Wie tickt die Schweiz?» wäre ich beim Durchschnitt. Ich habe halt Freude an schönen Sachen, liebe gute Hotels, geniesse feines Essen. Und vergesse nie, dass ich dafür hart arbeiten muss.
Deine Gäste müssen ehrlich sein. Bist du es auch? Oder anders gefragt: Wann lügt Zucco?
Lass es uns «schwindeln» nennen. Wenn ich jemanden nicht verletzen will, zum Beispiel. Ich bin lieber diplomatisch als direkt. Aber in Interviews wie diesem bin ich immer ehrlich. Ich habe ja nichts zu verstecken (schmunzelt).
Man sieht dich auch auf anderen Kanälen. Wie bereitest du dich auf deine Rollen dort vor?
In «Abenteuerlustig» mit Nik Hartmann auf 3+ bin ich geklettert, gerannt, geschwommen und habe in einer Bar als Kellner gearbeitet. Darauf kann ich mich nicht vorbereiten, die Magic Box ist eine Blackbox. Manchmal geht’s in die Hose, gerade das ist ja spannend fürs Publikum. Die Sendung macht aber immer Spass - wenn auch manchmal erst, wenn sie vorbei ist (lacht).
Welches war – oder ist - dein schönster Job?
Mein wichtigstes Standbein ist natürlich die Comedy. Ich stehe am liebsten auf der Bühne. Aber wenn du mit als Moderator fragst, ist die Antwort seit März 2024 klar: «Wie tickt die Schweiz?». Samstagabend - das ist die Königsklasse für einen Moderator. Die Rolle des Bernhardiners in «The Masked Singer» ist mir noch in bester Erinnerung, auch die Zeit als Quizmaster der Schweizer Variante von «Wer wird Millionär?». Der trauere ich immer noch etwas nach, obwohl das jetzt auch schon wieder zwölf Jahre her ist.
Als Comedian schreibst du deine eigenen Programme. Wovon lässt du dich inspirieren?
Vom Alltag. Ich bin viel unterwegs und sauge alles auf, was um mich herum passiert. Ständig spreche ich mit Menschen über meine Beobachtungen. Wenn ich dann merke, dass ein Thema auf Interesse stösst, arbeite ich es aus. Je näher ich mit meinen Standups bei den Leuten bin, desto schneller habe ich ein Publikum auf meiner Seite.
Dein aktuelles Stück heisst «Der Aufreger». Worüber regst du dich darin auf?
Zum Beispiel darüber, dass sich plötzlich so viele als Kaffee-Baristas aufspielen. Sie kaufen exklusive Maschinen, ordern im Internet speziell geröstete Bohnen aus exotischen Plantagen und diskutieren über Wassertemperaturen. Denen halte ich auf der Bühne den Spiegel vor.
Ist eine Première für dich auch ein «Aufreger»?
Weniger als eine Vorpremière. Ich probiere ein neues Programm jeweils zuerst vor einem kleinen Kreis von Freunden aus, und da habe ich dann wirklich schlimmes Lampenfieber. Wenn dieser Test aber gelungen ist und allfällige Schwächen behoben, bin ich die Ruhe selbst.
Du stehst allein auf der Bühne, ohne Kostüme und Requisiten. Wie fühlt sich das an?
Es ist die Urform der Comedy: Ein Mann, ein Mikrofon. Und seine Überzeugung, dass das reicht und es kein zusätzliches Brimborium braucht, um die Menschen zu erreichen. Vor zwanzig Jahren war das eher neu in der Schweiz und das Publikum musste sich daran gewöhnen.
Improvisierst du auch?
In meinen Programmen halte ich mich eng an den eingeübten Text. Junge Kollegen interagieren manchmal mit dem Publikum und lassen sich spontan auf Fragen und Antworten ein. Das ist ein Risikofaktor, und dem weiche ich lieber aus. Wenn ich aber bei Kurzauftritten merke, dass ein Thema nicht richtig zündet, wechsle ich es spontan aus.
Ist Claudio zuhause auch so lustig wie auf der Bühne?
Ich bin ja in meinem Beruf nicht lustig, indem ich Witze mache. Ich erzähle eine Geschichte mit einer Pointe. In der Schule habe ich gerne eine Runde unterhalten und später im privaten Rahmen Leute zum Lachen gebracht. Seit ich das «Lustigsein» professionell betreibe, bin ich ruhiger geworden und ernster. Vor allem zuhause.
Auf deiner Homepage steht das Zitat «Ein Komiker ist ein Mensch, der nichts, aber auch gar nichts ernst nimmt ausser sich selbst»? Wie ist das zu verstehen?
Jemanden zum Lachen zu bringen ist in eine seriöse Sache. Ich glaube, dass man sich und seine Aufgabe ernst nehmen muss, wenn man sie gut machen will. Nicht weil man selber wichtig ist, sondern indem man sich und sein Umfeld gewissenhaft studiert. Im Übrigen ist der Satz vor allem deshalb auf der Homepage, weil noch eine weisse Fläche gefüllt werden musste (lacht).
Was siehst du, wenn du morgens in den Spiegel schaust?
Einen nicht mehr ganz jungen Mann. Und dieser Eindruck bestätigt sich manchmal im Lauf des Tages. Aber sonst lacht mich ein rundum zufriedener Typ an. Er ist gesund, seine Frau auch und seine Kinder entwickeln sich prächtig. Er hat zu tun, die Leute wollen ihn sehen. Im Ernst: Ich bin wirklich sehr, sehr zufrieden. Das Leben meint es gut mit mir.
Wie beschäftigst du dich, wenn du nicht arbeitest?
Am Morgen steige ich gern aufs Velo und fahre meine neunzig Minuten. Ich spiele gern Golf, im Winter fahre ich Ski, auch am liebsten früh, wenn die Pisten noch frisch sind. Ich kaufe gerne ein, vor allem Kleider. An manchen Tage ist es aber auch plötzlich Abend und ich habe nichts gemacht.
Wie bist du als Papi?
Eltern sollten den Kindern das Gefühl zu geben, dass man für sie da ist. Ich bin halt viel unterwegs, aber meine Töchter, die elfjährige Emily und die fünfzehnjährige Lilly, können immer zu mir kommen und mir alles sagen, was sie beschäftigt. Ich höre mir ihre Freuden und Sorgen gerne an, auch weil sie mich an meine eigenen als Jugendlicher erinnern.
Beruf und Partnerschaft unter einen Hut zu bringen ist nicht einfach in deinem Job. Was ist dein Geheimnis?
Ich bin seit 1995 mit meiner Frau zusammen. Sie hat meine Karriere mit allen Ups und Downs von Anfang an miterlebt und mitgetragen, das schweisst zusammen. Selber hat Alexzandra das Rampenlicht nie gesucht und so standen wir auch nie in Konkurrenz. Sie arbeitet in einer Arztpraxis, was den Vorteil hat, dass ich als eidg. dipl. Hypochonder immer sofort einen Termin bekomme (lacht).
Du bist Bündner und wohnst mit deiner Familie in Zürich. Wo fühlst du dich daheim?
Dort, wo ich zuhause bin. Zürich hat mich dank meinem TV-Job gut und schnell integriert; ich bin sogar in einer Zunft. Ich kehre aber auch immer wieder gern ins Engadin zurück, wo ich in die Schule gegangen bin. Das ist für mich Herkunft und somit auch Heimat.
Welcher Schauspieler müsste dich spielen, wenn dein Leben verfilmt würde?
Müsste es ein Schweizer sein: Joel Basman. International schwanke ich zwischen Adam Sandler und Jack Black. Ich bin tatsächlich schon gefragt worden, ob ich nicht meine Lebensgeschichte schreiben möchte, aber ich habe abgewinkt. Es wird dich vielleicht überraschen, liebe Christa, aber ich habe das Gefühl, dass mein bisheriges Leben zu unspektakulär war für eine Biografie. Aber ich bin ja auch noch nicht tot (lacht).
Quicklebendig bist du, auch am Herd. Wie und wo hast du kochen gelernt?
Mein Schwiegervater war Küchenchef in einem Hotel in Pontresina. Ein brillanter Koch, den ich sehr bewundere. Zum Glück gibt es aber für Möchtegernköche wie mich den «Pauli». Das klassische Lehrbuch der Küche macht einem jeden Handgriff vor. Daraus koche ich manchmal Rezepte nach, um mich küchentechnisch weiterzubilden. Wenn die Zeit knapp ist, komponiere ich eine Tomatensauce oder grilliere auf dem Big Green Egg-Grill ein saftiges Fleischstück.
Vegetarismus und Veganismus sind also kein Thema für dich?
Ich esse nur ein- bis zweimal in der Woche Fleisch. Vielleicht verzichte ich auch einmal darauf, aber nicht leben könnte ich ohne Milchprodukte. Und von Teigwaren könnte ich mich jeden Tag ernähren. Zur Zeit bin ich richtig süchtig nach Poke Bowls. Überhaupt bin ich Fan der asiatischen Küche.
Was gibt es immer in deinem Kühlschrank?
Cola zero. Erdbeer-Konfitüre, die ich selber mache. Butter. Aktuell Poke Bowl-Sauce. Und immer ein paar Flaschen Weisswein. Vom Roten werde ich müde.
Was gönnst du dir vor einer Vorstellung?
Nach dem Soundcheck geht’s zum Essen, meist in Gesellschaft des Veranstalters. Und in der Garderobe muss immer eine Schale M&M’s «für danach» stehen, die esse ich dann beim Heimfahren im Auto.
Verrätst du uns deine Leibspeise?
Früher habe ich auf diese klassische Interviewfrage immer «Raclette» geantwortet. Heute ist die Thaiküche ganz oben in meinen Charts, vor allem Curry Massaman und roter Curry. Auf den Plätzen zwei und drei meiner Hitparade folgen Sushi und Teigwaren – letztere in jeder Form und Zubereitungsart.
Wie oft isst du auswärts?
Vor allem vor den Vorstellungen und eher an Wochenenden. Da gehe ich unter der Woche selten auch noch ins Restaurant. Und wenn, ziehe ich einen Lunch dem Abendessen vor.
Wie wählst du Restaurants aus?
Ich besuche gerne Lokale, die ich kenne. Ich möchte wissen, was mich erwartet und lasse mich nicht weniger auf Experimente ein. In der Kronenhalle und in Dieter Meiers Restaurant Bärengasse sieht man uns öfters. Im Engadin gehen wir in die Fonduestube der Gondolezza vor dem Hotel Walther in Pontresina. Oder besuchen Conrad’s Mountain Lodge in Silvaplana, wo es hervorragende Pizza am Meter mit Brotteig gibt.
Wie sieht die Zmorgeroutine im Hause Zuccolini aus?
Unter der Woche frühstücke ich kaum. Ich mixe mir einen Drink aus Green Powder, das schmeckt nach nichts, soll aber sehr gesund sein (lacht). Am Wochenende gönne ich mir dann aber ein ausgiebiges Frühstück mit Zopf, dazu meine selbstgemachte Konfitüre, Käse, Fleisch und anderes, das vielleicht nicht soo gesund ist, dafür aber lecker.
Welche Erinnerungen hast du an das Essen deiner Kindheit?
Mein Vater hat viel grilliert und meine Mutter macht immer noch eine ausgezeichnete Salsa bolognese. Ein Graus hingegen waren Kutteln; die hat mein Gotti immer gekocht. Um die mache ich heute noch einen grossen Bogen!
Mit welchem Rezept überraschst du Gäste, wenn du kochst?
Ich mache gerne Sugo in immer neuen Varianten und stehe dafür dann den ganzen Nachmittag in der Küche. Ein Klassiker im Hause Zuccolini ist das legendäre «Party-Filet» von Betty Bossi, ein Schweinsfilet mit Speck umwickelt. Dazu eine Cocktailsauce, für die man Rahm schlägt, Ketchup, Cognac und Pfeffer dazugibt. Für dieses Gericht sterbe ich.
Wo oder was möchtest du noch essen?
Ich habe viel probiert in meinem Leben, in Afrika sogar Krokodilfleisch. Japan fehlt mir noch, und ich träume davon, dort einmal die Streetfoodstände zu plündern. Aber vermutlich bleibt es bei der Sehnsucht und der Wunsch nach noch vielen Gourmeterlebnissen bei in- und ausländischen Spitzenköchen geht eher in Erfüllung.
Verrätst du uns zum Schluss noch die beste Idee, die du je hattest?
Ausser meine Frau zu heiraten (lacht)?. Dass ich mein Wirtschaftsstudium abgebrochen und beim Radio als Moderator angefangen habe. Das hat mich dann zum Fernsehen geführt und schliesslich auf die Comedybühne. Dieser Schritt hat mir den Weg für so viel Interessantes und Aufregendes geebnet. Andernfalls sässe ich jetzt «nine to five» im Büro vor dem Bildschirm.
Welches sind deine nächsten Projekte?
«Wie tickt die Schweiz?» geht weiter, und im Herbst beginne ich mit der Auswertung der Ideensammlung für mein achtes Comedyprogramm. 2025 bringe ich es zu Papier, 2026 muss ich es auswendig lernen und Anfang 2027 sollte es dann reif sein für Bühne, Film, Funk und Fernsehen. Und weiss du was? Nach diesem Interview in einer führenden Genusszeitschrift habe ich auch schon die Idee für den Titel.
Nämlich?
«Geniessen»!
Claudio Zuccolini ist in Graubünden aufgewachsen und wechselte nach einem Bankpraktikum und einem abgebrochenen Wirtschaftsstudium 1994 ins Medienbusiness. Nach Jahren bei Radio Grischa folgte er 1998 einem Ruf nach Zürich zu «Tele24», bevor er 2001 als Moderator von Sendungen wie «TOP SPOTS» und «Rose d’Or»-Specials zum Schweizer Fernsehen SRF kam. Bereits während seiner Medientätigkeit baute sich Claudio Zuccolini ein weiteres Standbein als Comedian auf und erhielt für seine Programme unter anderem den «Prix Walo» und den «Humorfüller» am Arosa Humorfestival sowie zwei «Swiss Comedy Awards». – zuccolini.ch